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„Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine
Ehre wohnt“.
(Psalm 26, 8)
Ruhlas Historie ist stark geprägt von
der jahrhundertelangen Teilung des Ortes. Schon aus seiner ersten
urkundlichen Erwähnung vom Jahr 1355 geht hervor, dass es gespalten und
unterschiedlichen Ämtern bzw. Herren zugeordnet war.
Im 17. Jahrhundert wurde die längs des Ruhlabaches mitten durch den Ort
verlaufende Ämtergrenze zur Landesgrenze.
Aufgrund der 1640 endgültig erfolgten Erbteilung zwischen den Söhnen des
Herzogs Johann von Weimar, gehörte fortan die eine Hälfte Ruhlas zum
Herzogtum Sachsen-Gotha, die andere zum Herzogtum Sachsen-Weimar
(Eisenach).
Der Grenzbach „Erbstrom“ war somit die Grenze zwischen beiden Ländern.
Diese Teilung dauerte bis zur Bildung des Landes Thüringen 1920/21 an.
Der
gothaische Teil Ruhlas war zudem noch bis 1833 in zwei Verwaltungsbereiche
getrennt:
Gericht Uetterodt/Thal
und Amt Tenneberg/Waltershausen.
Diese Zersplitterung in drei völlig selbständige Ruhlaer Gemeinden führte
neben den enormen Hemmnissen bei der territorialen Entwicklung auch zu
Gegensätzen, Streitereien und Feindseligkeiten, die schließlich sogar die
gemeinsame Benutzung und Erhaltung der im
gothaischen Ortsteil gelegenen gemeinsamen
Trinitatis-Kirche (links) betrafen.
Der Teilung Ruhlas
und einem dadurch bedingten erbitterten „Kirchenstreit“ * verdankt
die Winkelkirche St. Concordia (rechts) im
weimarischen Ortsteil ihre Existenz.
Ihre Geschichte beginnt mit der Gemeindeversammlung Ruhla-Eisenacher Orts
am 23. September 1658, auf der die Bürger den Neubau einer eigenen
Kirche einmütig beschlossen, nachdem es zuvor zwischen den Gemeinden
Ruhlas erneut zu Behinderungen beim Kirchbesuch und Beschimpfungen
gekommen war.
Nach langwierigen Verhandlungen unterzeichneten beide Herzöge am 10.Januar
1660 den „Separations-Recess“, der die Kirchen- und
Schulgemeinschaft der Ruhlaer Gemeinden aufhob und der Eisenacher Gemeinde
die Erbauung einer eigenen Kirche und Schule gestattete.
Mit dem Bau wurde sodann unverzüglich begonnen. Die Bauplanung und
Überwachung übernahm der fürstliche Baumeister Johann Moritz Heinrich
Richter aus Weimar.
Am Tag der Bauplatzweihe, den 20. März 1660, ließ er die fast
vollzählig erschienene Gemeinde und die Gäste sich in der von ihm für die
Kirche gewählten, dem Gelände angepassten Form eines rechten Winkels
aufstellen, die Männer zur Rechten, die Frauen zur Linken, wie die beiden
Kirchenflügel entstehen und benutzt werden sollten, die Kinder in der
Mitte auf dem Platz für den Altar.
Es war eine vortreffliche Idee des Baumeisters, eine ungewöhnliche
architektonische Lösung, die neue Ruhlaer Kirche in Winkelform mit zwei
Schiffen, jedes in der etwaigen Größe einer Dorfkirche, zu bauen.
Lothar Koch, Pfarrer an der Concordiakirche von 1905 bis 1929,
charakterisierte den Bau wie folgt:
„Wie die Schwalbe kunstvoll ihr Nest an eine Wand
anschmiegt, so hat der fürstliche Baumeister die Kirche an steilem
Berghang erbaut und, ohne sich um herkömmliche Formen zu kümmern, sie mit
zwei Flügeln versehen, mit welchen sie, wie mit festen Armen den Berg
umklammert“.
* (Der Heimatdichter Arno Schlothauer hat den „Kirchenstreit“ zum Thema
eines Volkstheaterstückes in Ruhlaer Mundart gemacht, welches von der
Folklorevereinigung „Alt-Ruhla“ im Jahre 2001 in der Concordiakirche
aufgeführt wurde)
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