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Eine Berufung des Thomas ist uns nicht überliefert. Er, der auch der
„Zwilling“ genannt wird, taucht das erste Mal an einer wichtigen Stelle
auf.
Gerade nachdem Jesus knapp der Steinigung entgangen war und mit seinen
Jüngern jenseits des Jordan Zuflucht gesucht hatte vor dienen, die ihm in
Jerusalem nach dem Leben trachteten, sagte der Herr: Lasst uns wieder nach
Judäa ziehen!
Berühmt wurde Thomas durch seine Zweifel an der Auferstehung Jesus und
sein Verlangen, handgreiflich die Auferstehung zu überprüfen: erst nachdem
Jesus ihn aufforderte, seine Wundmale zu berühren, glaubte er das
Unfassbare und bekannte: „Mein Herr und mein Gott!“ Damit erkannte er als
erster der Jünger die göttliche Natur Christi.
Legenden
erzählen, daß Christus ihm erschien und ihn aufforderte, dem Boten des
Königs Gundisar nach Indien zu folgen, da der König den besten Baumeister
suche, um sich einen Palast nach römischer Bauweise errichten zu lassen.
Thomas wurde mit Abbanes, dem Boten, unterwegs veranlasst, an der Hochzeit
einer Königstochter teilzunehmen; eine hebräische Musikantin wiederholte
für Thomas einen Hymnus in der Muttersprache, worauf der Mundschenk ihn
ohrfeigte.
Thomas prophezeite die eintretende Strafe: Löwen zerrissen den Mundschenk
am Brunnen, ein Hund brachte die Hand, die den Glaubensboten geschlagen
hatte, das Brautpaar bekehrte sich und wurde gesegnet.
Bei Gundisar angelangt, zeichnete Thomas diesem einen Palast und erhielt
große Schätze zum Bau, verteilte diese aber während der Abwesenheit des
Königs an die Armen, predigte und bekehrte Unzählige.
Dem zurückgekehrten König, der Thomas empört in den Kerker warf, erschien
sein vor kurzem verstorbener Bruder; der erklärte ihm, Thomas habe für ihn
im Jenseits den prächtigsten Palast errichtet, worauf Gundisar sich
bekehrte und Thomas in fernere indische Gebiete ziehen ließ.
Vornehme Frauen eines Herrscherhauses wurden von Thomas bekehrt, der König
aber ließ ihn gefangen setzen, vielfältig martern und wollte ihn zum Opfer
vor dem Sonnengott zwingen.
Thomas sprach den im Standbild verborgenen Teufel an, das Bronzewerk
zerschmolz wie Wachs, der außer sich geratene Oberpriester durchbohrte
Thomas mit seinem Schwert, doch der König ließ ihn ehrenvoll begraben.
Anderen Legenden erzählen, daß Thomas noch weitere Länder durchzog, bis er
in Madras von feindlich Gesinnten mit Lanzen durchstochen wurde.
Auf Johannes Chrysostomus soll die Erzählung zurückgehen, dass Thomas auf
seinen Reisen die Heiligen Drei Könige getroffen, getauft und zu Bischöfen
ernannt habe. Als Ort seines Martyriums geben viele Legenden Kalamina –
wohl das heutige Mailapur bei Madras.
Im Jahr 1945 wurde in Ägypten ein vollständiges Exemplar des
Thomas-Evangeliums entdeckt, welches eine Sammlung von Jesusworten ohne
Erzählungen oder Passionsgeschichte beinhaltet, möglicherweise schon sehr
früh (um 70?) entstanden und laut Vorwort von Thomas verfasst.
Bei Mailapur gibt es den „Großen Thomasberg“; 1547 wurde auf ihm eine
Kirche zu Ehren von Thomas errichtet. Dort verwahrt wird das Thomaskreuz
aus dem 7. Jahrhundert, dessen Inschrift von seinem Martyrium erzählt.
Thomas’ Gedenktag lag auch in der katholischen Kirche bis 1969 auf dem 21.
Dezember, dem Datum der längsten Nacht des Jahres.
Brauchtum: |
In der Thomas-Nacht, die im Mittelalter als zauberkräftig galt, befragten
noch unverheiratete junge Frauen das Orakel hinsichtlich einer zu
erwartenden Heirat.
In manchen Regionen wurden Kinder mit sog. Thomas-Gebäck beschenkt,
andernorts wurden ihnen auch mit einer dunklen Gestalt gedroht, die sie in
einem Sack forttrage, wenn sie nicht artig seien. |
Bauernregeln: |
„Wenn’s St. Thomas dunkel war sorgt er für ein schönes neues Jahr.“ |
Attribute: |
Bart, Schwert, Lanze, Winkelmaß |
Patron: |
von Ostindien, Portugal, Goa, Urbino,
Parma, Riga, der Thomas-Inseln, des Kirchenstaates |
der
Architekten, Geometer, Maurer, Zimmerleute, aller Bauarbeiter, der
Steinhauer, Feldmesser und – möglicherweise wegen seiner Zweifel – der
Theologen |
bei Rückenschmerzen |
für gute Heirat |
Quellen:
daskirchenjahr.de,
theology.de und
Ökumenisches Heiligenlexikon |
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