Hildrizhausen - Schon seit den Zelten des Mauerbaus besteht eine
Partnerschaft zwischen der evangelischen Gemeinde Hildrizhausen und
der Gemeinde des Ortes Ruhla in Thüringen. Nach dem Fall der Mauer
schlief diese Partnerschaft nicht ein - sie wird bis heute gepflegt.
So kam es, dass Hildrizhausen Pfarrer Tobias Neumann am Sonntag Gäste
aus Thüringen begrüßen konnte: Pfarrer Gerhard Reuther und seine Frau
suchten Unterstützung für ihr Hilfsprojekt im afrikanischen Ruanda. |

Gemeindetag in Hildrizhausen: Georg Stickel (links)
vom Dritte-Welt-Laden Herrenberg verkauft Waren aus Afrika an (von
links) Tobias Neumann und Rose Seeger-Neumann und Gerhard Reuther und
Andrea Pawlitzki
GB-Foto: Bäuerle |
Die Tatsachen, die Gerhard Reuther
in seinem Diavortrag über Ruanda ausbreitet, sind erschütternd: eine
Million Menschen wurden dort innerhalb von 100 Tagen während eines
Völkermordes im Jahr 1994 getötet. Reuther zeigte Bilder einer Kirche,
in die sich unzählige Menschen geflüchtet hatten - um dort dennoch
abgeschlachtet zu werden: ,.Der Boden der Kirche ist leicht abschüssig
zum Altar hin. Deshalb sammelte sich am Altar das Blut der Toten. Noch
heute kann man sehen, dass das Blut einen halben Meter hoch stand."
Ein anderes Bild zeigt die Grabsteine von Kindern, auf denen die
letzten Worte der Toten festgehalten wurden und die Art ihres Todes.
Reuther und seine Frau Andrea Pawlitzki, beide zu Gast in
Hildrizhausen, bereisten kürzlich Ruanda und besuchten diese Stätten.
Der .,Eine-Welt-Kreis" ihrer Gemeinde unterstützt das Projekt „Assist”,
der in Ruanda Beratung und Lebenshilfe für Betroffene leistet und ein
Kinder- und Jugendzentrum aufbaut. in dem vor allen Dingen die während
des Bürgerkrieges in Ruanda zu Soldaten ausgebildeten Kinder
resozialisiert werden sollen.
Ruhla in Thüringen ist eine Ortschaft mit rund 7 000 Einwohnern. Die
Partnerschaft zwischen Hildrizhausen und Ruhla besteht seit jenen
Tagen, in denen sich die Württembergische Landeskirche, tun der
deutschen Spaltung entgegenzuwirken, systematisch der Gemeinden in
Thüringen annahm. Die Hildrizhausener Gemeinde selbst organisiert
jährlich zwei Veranstaltungen - einen Basar im Herbst, bei dem die
eigene Gemeinde im Mittelpunkt steht. und einen Gemeindetag im
Frühjahr. bei dem die Hildrizhausener ihre Blicke hinaus in die Welt
richten. Dieses Mal nach Ruhla und nach Ruanda.
Auftakt des Gemeindetages war am Sonntag ein Gottesdienst mit
afrikanischen Elementen: Neumann und Reuther spielten während dieses
Gottesdienstes afrikanische Percussion, die ihnen von der
Hildrizhausener Trommellehrerin Barbara Frank zur Verfügung gestellt
worden war, die den Afrikatag im evangelischen Gemeindehaus ihrerseits
mit einem Stand begleitete, an dem sie ihre Trommeln präsentierte.
Tags zuvor hatten rund 40 Kinder Hildrizhausens am Kinderbibeltag der
Gemeinde teilgenommen, der den Gemeindetag begleitete. Im Dachgeschoss
des Gemeindehauses sollte am Sonntagnachmittag schließlich ein
Flohmarkt stattfinden. während im Saal des Hauses Reuther seine
Eindrücke aus Afrika kommentierte. Zuvor nahm man einen gemeinsamen
Mittagstisch ein, später Kaffee und Kuchen.
Im Foyer des Gemeindehauses bot der Eine-Welt-Laden Herrenbergs Waren
des fairen Handels an. Während die Einnahmen des Gemeindetages
traditionell zur Pflege des alten Hildrizhausener Friedhofes
eingesetzt werden sollen, wird die Kollekte des Gottesdienstes dieses
Mal dem Hilfsprojekt in Afrika zukommen - immerhin 360 Euro. „Wenn du
dich und wenn du mich gekannt hättest. dann hättest du mich nicht
getötet” - diesen Satz sah Gerhard Reuther in Ruanda auf einem Banner,
von dem er seinen Zuhörern in Hildrizhausen ein Bild präsentierte.
Thomas Morawitzky Gäubote,
09.03.2007 |